Fragekatalog an unsere Abgeordneten zum Thema TTIP

Sehr geehrte Abgeordnete,

die BI im Kreis Miltenberg „Stop-TTIP“ wendet sich hiermit mit der Bitte an Sie, den als Anlage beigefügten Fragenkatalog zu beantworten, da wir der Überzeugung sind, dass die Bürger Ihres Wahlkreises das Recht haben, nicht nur bei Wahlen zu erfahren, von welchen Überzeugungen Sie geleitet sind und welchen politischen Kurs Sie folglich im Hinblick auf TTIP, CETA, TISA und last but not least Fracking fahren.

Seit 2013 finden Verhandlungen zwischen Vertretern der USA und der Europäischen Union über ein transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP) statt. Anders als bei traditionellen Handelsabkommen stehen jedoch nicht die Zollsenkungen im Vordergrund, sondern die Beseitigung „nicht tarifärer Handelshemmnisse“ sowie ein Klagerecht von Konzernen gegen Staaten. Geprägt sind diese Verhandlungen von Geheimhaltungsvorschriften und Intransparenz. Die bisher bekannt gewordenen Dokumente haben die Befürchtungen wachsen lassen, dass sich dahinter die Senkung ökologischer und sozialer Standards ebenso wie eine umfassende Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte verbergen. Hinter verschlossenen Türen, aber unter Beteiligung von Wirtschaftslobbyisten wird mit dem Ziel einer umfassenden Deregulierung verhandelt. Das Zustandekommen wirtschaftlicher Gewinne durch ein solches Abkommen ist auch unter Experten umstritten. Es ist zu befürchten, dass diese – so sie überhaupt zustande kommen- nur gering ausfallen und nur Wenigen zu Gute kommen, nämlich den Großkonzernen. Demgegenüber bestehen in der Umwelt-, Landwirtschafts- und Verbraucherpolitik erhebliche Gefahren.

TTIP und vor allem der Prozess zu dessen Aushandlung ist schon jetzt ein Angriff auf die Demokratie in Europa.

TTIP ist auch ein Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit. Investoren ( Großkonzerne ) können vor privaten Schiedsgerichten Staaten und Kommunen verklagen.

Unsere Besorgnis über die Freihandelsabkommen CETA, TTIP und TiSA möchten wir hiermit zum Ausdruck bringen.

Wir appellieren an Sie : Stoppen Sie TTIP

Wir, die Mitglieder der BI sind überzeugt, im Sinne einer noch funktionierenden Demokratie zu handeln. Ja, wir fühlen uns geradezu verpflichtet, denn uns hat man beigebracht, dass die Bürger nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht haben, wachsam zu sein. Aus diesem Grund legen wir Ihnen Fragen vor, die uns bewegen und die uns zeigen, welche Einstellung Sie zu dieser uns brennend erscheinenden Problematik haben. Als Politiker haben Sie ein hohes Maß an Verantwortung und auch die Pflicht, Ihre Wähler nicht nur bei Wahlen durch Zusagen und Versprechungen zu gewinnen. Auch oder vor allem  während  einer Legislaturperiode können Sie zeigen, wie ernsthaft Sie es mit Ihrem Eid nehmen, Schaden vom Deutschen Volk fernzuhalten.

Wir betrachten diesen Brief als Grundlage für eine öffentliche Diskussion. Ihr Einverständnis setzen wir voraus, da Sie als gewählter Volksvertreter gegenüber Ihren Wählern zu Transparenz verpflichtet sind. Wir hoffen, dass Sie in diesem Punkt mit uns übereinstimmen und erwarten Ihre Antworten. Dafür danken wir im Voraus. Ausbleibende Antworten interpretieren wir ebenfalls als eine zu interpretierende Antwort.

Die Antworten von allen, von uns angeschriebenen Politikern und Politikerinnen werden wir in der Presse veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhold Spall

Sprecher der Bürgerinitiative


Das gesammte Schreiben inkl. aller Antworten hier als PDF Datei zum download


Fragekatalog

1) TTIP ist ein sehr komplexes Konstrukt und führt dazu, dass Sozial- und Umweltstandards, sowie Verbraucherschutz und vieles mehr, was im Laufe vieler  Jahrzehnte oft regelrecht erkämpft werden musste, nun den Großkonzernen zum Opfer fällt. Es ist zu erwarten, dass alle Bereiche unseres Lebens dadurch betroffen sein werden. Die Folgen werden über kurz oder lang zur Zerreißprobe unserer Gesellschaft werden. Soziale Konflikte sind zu erwarten.

Frage : Teilen Sie diese Befürchtungen, vor der vor allem kompetente Kenner und Fachleute dieser Problematik warnen?

Dr. Hans Jürgen Fahn MdL (Freie Wähler)

Ja, die Befürchtungen, dass mit Freihandels- und Dienstleistungsabkommen Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards geschliffen werden, sind nicht nur berechtigt, sondern diese Folgen sind aufgrund der Erfahrungen mit zahlreichen bereits existierenden Freihandelsabkommen der USA absolut zu erwarten. Wie andere Länder zeigen ist es dort bereits in der Vergangenheit zu Protesten und Aufständen gekommen, die teilweise durch staatliche Gewalt brutal niedergeschlagen wurden. Ich erwarte zwar in Deutschland keine Aufstände, denn bei uns dürften die Auswirkungen nicht so gravierend sein. Aber in Italien, Griechenland und Spanien kann ich mir vor allem nach der zu erwartenden Zerstörung kleinbäuerlicher Existenzen durchaus Aufstände vorstellen.

Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne)

Ja, ich teile diese Befürchtung. Nach allem, was wir heute wissen, z.B. aus dem CETA, geht es um eine Senkung der Standards. Auch soll die Regulatorische Kooperation nach Vertragsabschluss dafür sorgen, dass „Handelserleichterungen“ (also auch die Senkung der Standards) weiter vorangetrieben werden. Wir als Grüne wollen die Standards allerdings heben und nicht absenken. Hier stehen wir im krassen Gegensatz zu Bundeskanzlerin Merkel, die am 30.5. in einem SZ-Interview mitgeteilt hat, dass eine Hebung der Standards im Zusammenhang mit den TTIP-Verhandlungen der falsche Ansatz ist.

Alexander Hoffmann MDB

Bei Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzstandards wird es keine Abstriche geben. Standards und Normen werden nur dort angeglichen, wo ein mindestens gleich hohes Schutz-Niveau zum bisherigen Schutz-Niveau sichergestellt ist. Deshalb wird zum Beispiel auch das berühmt-berüchtigte Chlorhühnchen nicht kommen.


2) Das Prinzip von TTIP besteht darin, die jeweiligen Standards der anderen Seite zu akzeptieren. Es wird zwar jetzt festgeschrieben, dass die bestehenden Standards nicht reduziert werden. Dies bedeutet auch in der Konsequenz, dass die jeweils andere Seite zu den eigenen Standards den Markt beliefern kann. Folglich werden sich im Wettbewerb immer die niedrigeren Standards durchsetzen, da diese in der Regel auch mit den niedrigeren Kosten verbunden sind. Es ist damit zu rechnen, dass somit der hohe Standard unserer Produkte verloren geht.

Frage : Sind Sie sich dieser Gefahr bewusst?

Dr. Hans Jürgen Fahn MdL (Freie Wähler)

Ja, dies ist nicht nur eine Gefahr, sondern erklärtes Ziel der Verhandlungspartner auf beiden Seiten. Inakzeptabel ist dabei auch, dass zukünftig verschärfende Gesetzgebung kaum mehr möglich ist, weil der Gesetzgeber zuallererst die Regeln des Freihandelsvertrags zu berücksichtigen hat. Dies öffnet bei Zuwiderhandlung den direkten Weg zu Schiedsgericht klagen gegen Staaten wegen Gewinnminderung der Konzerne. Diese indirekte Einflussnahme auf die Legislative der Staaten durch die Interessen der Konzerne wäre eine Kapitulation der Demokratie vor dem Lobbyismus.

Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne)

Ja, dieser Gefahr bin ich mir bewusst. Anfangs war immer von der „Harmonisierung“ der Standards die Rede. Bald hat man jedoch festgestellt, dass eine Harmonisierung immer nur auf einem niedrigeren Standard stattfinden kann als ihn derjenige hat, der die höheren Standards hat. Das war der Öffentlichkeit nicht zu verkaufen. Nun spricht man von der „gegenseitigen Anerkennung der Standards“ und behauptet, dass dadurch „unsere“ Standards nicht sinken. Das ist zwar zunächst richtig, aber dafür bekommen dann beide Seiten Waren mit anderen und oft niedrigeren Standards. Das bedeutet, dass dann der Druck auch „unserer“ Produzenten auf eine Senkung der Standards steigt. Letztendlich wird es deshalb immer zu einer Absenkung der Standards kommen.

Alexander Hoffmann MDB

Konsequenz aus TTIP und CETA werden nicht niedrigere Standards, aber niedrigere Kosten sein. Die angestrebte Beseitigung von unnötigen Doppelregulierungen, von Handelshemmnissen (insbesondere von Zöllen) und Investitionsbeschränkungen verbessert die Möglichkeiten gerade unserer kleinen und mittelständischen Unternehmen (auch aus unserer Region) im internationalen Wettbewerb enorm. Durch den Wegfall von doppelten Tests und Zertifizierungen werden hohe Kosten gespart. Auch in unserer Region gibt es Unternehmen, zum Teil in der Zulieferkette, die von wegfallenden DIN-Vorschriften und der Vermeidung von Doppel-Zertifizierungen profitieren würden. Wegen des Umfangs der Handelsströme haben selbst kleine Zollerleichterungen deutliche, positive Auswirkungen.


3) Der geplante Investorenschutz für multinationale Konzerne darf nicht dazu führen, dass demokratisch beschlossene Gesetze zum Arbeitnehmer-, Verbraucher- und Umweltschutz ausgehebelt werden können. Eine Einsetzung nicht öffentlicher Schiedsgerichte würde den Grundsätzen demokratischer Rechtsstaatlichkeit widersprechen und sind deshalb abzulehnen. Auch im EU Parlament gibt es Bestrebungen im Form einer Resolution das überholte ISDS System grundsätzlich zu reformieren.

Frage : Können Sie dieser Forderung zustimmen ?

Dr. Hans Jürgen Fahn MdL (Freie Wähler)

Nein, durch eine Reform des ISDS-Systems, mit der das EU-Parlament auf die EU-Verhandlungsposition für ISDS im TTIP einwirken will, wird der inakzeptable Investorenschutz  nicht besser. Auch der Vorstoß von Sigmar Gabriel zur Einrichtung von festen Schiedsgerichten muss abgelehnt werden. Vielmehr muss das Sonderklagerecht für Konzerne als Teil von TTIP & Co. durch Verhinderung des gesamten Freihandelsabkommens ausgeschlossen werden.

Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne)

Eine Reformierung des ISDS-Systems wäre ein Schritt in die richtige Richtung – wenn dadurch Demokratie, parlamentarische Kompetenzen, sinnvolle Gesetzgebungen und Standards nicht unterlaufen werden und Transparenz eingeführt wird. Ich bin jedoch der Ansicht, dass wir zwischen hochentwickelten Rechtssystemen wie sie in Kanada, den USA oder der EU bestehen, überhaupt keine so genannten „Gerichte“ außerhalb unserer Rechtssysteme brauchen. Der Gabriel-Vorschlag behandelt vielleicht einige Symptome – die Ursache ist immer noch die gleiche.

Alexander Hoffmann MDB

Sie tun so, als seien Investitionsschutzabkommen etwas völlig neues – dabei gibt es sie seit dem Ende der 1950er Jahre! Die Schiedsgerichte sind eine deutsche Erfindung zur Gewährleistung effektiven, weltweiten Rechtsschutzes gerade auch für deutsche Unternehmen. Die Bundesrepublik hat in den zurückliegenden Jahrzehnten bereits mehr als 130 solcher völkerrechtlicher Vereinbarungen abgeschlossen. Es kann daher keine Rede davon sein, dass den Schiedsgerichten eine demokratische Legitimation fehlt. Der normale Rechtsweg wird weder abgeschafft, noch ausgeschlossen. Schiedsgerichte sind aber nicht nur kostengünstiger und schneller als nationale Gerichte, sondern auch deutlich unabhängiger als staatliche Gerichte. Deshalb werden sie gerade von europäischen Unternehmen bereits heute bevorzugt. Bisher hat es auf dieser Basis nur drei Klagen gegen Deutschland gegeben, keine davon war erfolgreich. Zudem haben sowohl die Unterhändler der EU-Kommission als auch der US-Regierung signalisiert, den Investorenschutz bei TTIP so auszugestalten, dass ein Missbrauch von Schiedsgerichten verhindert werden kann.


4) Die durch TTIP anvisierte Steigerung des Wirtschaftswachstums hat zur Folge, dass erhöhte Produktion und Ausweitung des Wirtschaftsraumes zu noch höheren Umweltbelastungen durch Freisetzung von Schadstoffen und schnellere Erschöpfung wichtiger Ressourcen führt. Der vereinfachte Zugriff auf Bodenschätze und Handelserleichterungen machen die Suche nach kreativen Lösungen, die im Einklang mit Natur, Umwelt und dem Menschen schlechthin stehen, überflüssig. Das berührt die Zukunftsfähigkeit nicht nur der Menschen in Europa, sondern aller Menschen.

Frage : Ist das für Sie nachvollziehbar?

Dr. Hans Jürgen Fahn MdL (Freie Wähler)

Das Statement zu dieser Frage ist absolut nachvollziehbar. Wirtschaftswachstum ist als Problemlöser einer Weltwirtschaft ungeeignet. Die Verfechter von Freihandelsabkommen versprechen dazu noch Arbeitsplätze und Wohlstand. Wie die Erfahrung zeigt, kostet die Globalisierung weltweit Arbeitsplätze, vermehrt die Armut und führt zu Neokolonialismus, einer modernen Art der Ausbeutung und Unterwerfung von Staaten, Menschen und Natur.

Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne)

Zunächst ist festzustellen, dass es ein spürbares Wirtschaftswachstum durch TTIP, CETA und Co. nicht geben wird. Allerdings treffen Ihre Befürchtungen nach noch massiverer Ausbeutung unserer Ressourcen zu. Denn jede Beschränkung der Ressourcenausbeutung kann ein Handelshemmnis darstellen und damit den Abkommen widersprechen. Umweltschutz spielt bei den Abkommen eine untergeordnete Rolle.

Alexander Hoffmann MDB

Noch einmal: Es wird keine höheren Umweltbelastungen geben. Im Gegenteil: Beim G7- Gipfel in Elmau (und somit schon Monate vor der UN-Klimakonferenz in Paris) haben sich die sieben Staats- und Regierungs-Chefs (darunter auch der amerikanische und der kanadische) darauf geeinigt, im Laufe dieses Jahrhunderts den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen auf null zu senken, also komplett ohne fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas auskommen. Bis 2050 soll der Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 2010 bereits um bis zu 70 Prozent verringert werden.


5) Intransparente Verhandlungen, in denen demokratisch erzielte Standards ausgehebelt werden, sind undemokratisch. Es ist noch nicht einmal sicher, ob die Verhandlungsergebnisse später in den Parlamenten der Mitgliedsstaaten bestätigt werden müssen. Selbst wenn die Parlamente gefragt werden, geht es nur um die Zustimmung zu einem Gesamtpaket. In der amerikanischen Botschaft in Berlin liegen die Dokumente zum geplanten EU-Freihandelsabkommen zur Einsicht bereit. Doch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dürfen sich nicht darüber informieren, da ein Zugang für Abgeordnete nationaler Parlamente derzeit nicht vorgesehen ist.

Frage : Ist Ihnen diese Tatsache bekannt?

Dr. Hans Jürgen Fahn MdL (Freie Wähler)

Ja die Umstände, unter denen die Verhandlungen stattfinden und wie die Zwischenergebnisse bisher und die zukünftigen Ergebnisse gehandhabt werden, sind mir sehr gut bekannt. Es muss selbstverständlich sein, solches Gebaren strikt abzulehnen.

Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne)

Diese Tatsache ist mir bekannt. Wir Grüne haben diese Intransparenz von Anfang an kritisiert. Wir freuen uns über jedes geleakte Dokument, denn das durchkreuzt die Taktik der Verhandler.

Alexander Hoffmann MDB – Zu Frage 5 und 9

Wie in vielen anderen Bereichen (wie etwa bei Tarifverhandlungen) sind die TTIP-Verhandlungsrunden nicht öffentlich – das ist doch auch nachvollziehbar: Verhandlungen sind immer auch eine Sache der Strategie, um möglichst weitreichend eigene Interessen durchzusetzen.

Hinsichtlich der Transparenz hat sich sehr viel getan. Die EU-Kommission hat sogar ein bei Freihandelsverhandlungen bislang unbekanntes Maß an Transparenz erreicht. Sie informiert regelmäßig über den Verlauf der Verhandlungen. Grundlegende Papiere zu verschiedenen Verhandlungskapiteln wurden dazu im Internet veröffentlicht, unter anderem auch das Verhandlungsmandat vom Juni 2013. Insgesamt bin ich verwundert, dass Sie nach wie vor mangelnde Transparenz anprangern, denn bei der Veranstaltung in Trennfurt hat sich offenbart, dass Sie sich offensichtlich nicht einmal die Mühe gemacht haben, die im Internet veröffentlichten Leitplanken und Zwischenergebnisse einzusehen.

Gerne habe ich Ihnen deshalb an diesem Tag ja auch nochmals die Internetadresse genannt. Eine Lektüre dürfte hier für sehr viel mehr Transparenz und Beruhigung sorgen. Es ist zum Beispiel heute schon fest vereinbart, dass das Recht der Staaten unberührt bleibt, zum Zwecke des Natur-, Umwelt- und Gesundheitsschutzes auch nach TTIP die erforderlichen Regelungen zu erlassen.

Es wird mit uns kein Freihandelsabkommen um jeden Preis geben. Sollten die TTIP-Verhandlungen erfolgreich sein, muss das Europäische Parlament zustimmen – und wohl auch jedes der 28 nationalen Parlamente. Wir sollten daher verhandeln und am Ende gewissenhaft prüfen, ob uns das Abkommen die Chancen bietet, die wir uns erhoffen.

Wir, die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, begleiten die Verhandlungen zu TTIP intensiv. Seit September 2014 tagt hierzu beispielsweise regelmäßig eine fraktionsinterne Arbeitsgruppe TTIP, in der alle relevanten Bereiche von TTIP eingehend erörtert werden.


6) TTIP und später TiSA werden den Druck zur Privatisierung öffentlicher, vor allem kommunaler Einrichtungen und Dienstleistungen verstärken. Wir unterstützen die Forderung der kommunalen Spitzenverbände, für die kommunale Daseinsvorsorge das Subsidiaritätsprinzip und die Organisationsfreiheit der Kommunen auch im Rahmen von internationalen Handelsabkommen zu gewährleisten.

Frage : Stehen Sie auch hinter diesen Forderungen?

Dr. Hans Jürgen Fahn MdL (Freie Wähler)

Ja, die kommunale Selbstverwaltung und Dienstleistungen zur Daseinsvorsorge müssen in jedem Fall und in vollem Umfange erhalten bleiben. Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass dies im Rahmen eines wie auch immer gestalteten Freihandelsabkommens erfolgen sollte, sondern davon unberührt bleiben muss. Denn Freihandelsabkommen mit den bekannten Zielen sind grundsätzlich abzulehnen.

Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne)

Wir Grüne streiten wie zuletzt bei der EU-Konzessionsrichtlinie seit Jahren gegen die Liberalisierung und Privatisierung der kommunalen Daseinsvorsorge und für das Selbstbestimmungsrecht der Kommunen. Beides steht mit diesen Abkommen auf dem Spiel. Selbstverständlich unterstützen wir die kommunalen Spitzenverbände.

Alexander Hoffmann MDB

Kein Freihandelsabkommen verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Liberalisierung oder zur Privatisierung der Wasserversorgung oder anderer öffentlicher Dienstleistungen. Bei den Verhandlungen der EU mit den USA wird die öffentliche Daseinsvorsorge gar nicht erst angetastet. Die EU-Kommission hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die EU das Recht von Gemeinden, zum Beispiel die Wasserversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge anzubieten, gar nicht zur Verhandlung stellt. In diesem Punkt sind sich die Chefunterhändler der EU-Kommission und der USA völlig einig und haben dies auch öffentlich bekundet.


7) Erklärtes Ziel von TTIP und CETA ist es, gentechnisch veränderte Produkte und  Pflanzen auf die europäischen Märkte zu bringen. In den USA sind Hormone als Wachstumsbeschleuniger bei Tieren erlaubt. Durch TTIP wird hormonbelastetes Fleisch in Europa eingeführt und ohne Kennzeichnung auf die Ladentheke kommen.

Frage : Wollen Sie das?

Dr. Hans Jürgen Fahn MdL (Freie Wähler)

Selbstverständlich nicht! Die vielfältigen und katastrophalen gesundheitlichen Folgen typisch amerikanischer Ernährung, bedingt durch GVO und Wachstumshormone sind bekannt. Europa muss wieder agrogentechnikfrei werden, insbesondere was den Anbau von Genpflanzen betrifft. Das muss aber auch für die massenhaften EU-Importe von Gen-Soja zu Zwecken der Tierfütterung gelten. Die Marke „Bio“ muss Gewähr dafür sein, dass keine GVO verwendet werden.

Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne)

Wir lehnen Gentechnik auf unseren Feldern und unseren Tellern ab. Bereits im CETA ist z.B. im „Article X.03 Bilateral Cooperation on Biotechnology“ nachzulesen, wo die Reise hingehen soll. Ebenso lehnen wir die Hormonbehandlung  als Wachstumsbeschleuniger ab.

Alexander Hoffmann MDB

Es ist bedauerlich, dass Sie mit solchen Behauptungen die Bedenken und diffusen Ängste in der Bevölkerung noch verstärken. TTIP hat den Abbau von unnötigen Handelshemmnissen in der Industrie zum Ziel – bei den Lebensmitteln soll und wird sich nichts ändern. Fakt ist: Die strengeren europäischen Rechtsvorschriften für die Zulassung und Kennzeichnung gentechnisch veränderter Organismen werden beibehalten. Hormone bei der Masttierhaltung bleiben in der EU verboten, so dass kein hormonbehandeltes Fleisch aus den USA in die EU eingeführt werden kann. Auch im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung sind Gentechnikkennzeichnungen per Barcode für uns ausgeschlossen – unsere Regeln zur Verbraucherinformation müssen und werden weiter praxistauglich sein.


8) Das Freihandelsabkommen NAFTA ( zwischen den USA, Canada und Mexiko, unterschrieben 1995) hat zu einer Vernichtung von über 1 Million bäuerlicher Existenzen in Mexiko durch die Agrarindustrie der USA geführt. Außerdem wurden in diesem Zeitraum Hunderttausende Arbeitsplätze in den USA durch Verlagerung ins Billiglohnland Mexiko vernichtet.

Frage : Schließen Sie diese negativen Auswirkungen bei TTIP aus?

Dr. Hans Jürgen Fahn MdL (Freie Wähler)

Nein, Agrogentechnik und Agrochemie geben sich gegenseitig die Hand. Die Folge sind verarmte Böden, die wiederum höheren Dünger- und Herbizideinsatz nach sich ziehen. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft liegt schon jetzt in Deutschland und Europa im Sterben. Die Weiterentwicklung zur industriellen Landwirtschaft – durch TTIP begünstigt – wird den Prozess noch beschleunigen. Die Mais- und Soja-Billigimporte aus Amerika werden einen Preiskampf auslösen, der hierzulande Landwirtschaft unrentabel macht, außer die Menschen verstehen in breiter Masse, dass biologische Nahrung aus der Region gesund ist, und Billigkonsum krank macht.

Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne)

Unsere (insbesondere die bayerische) Landwirtschaft wird nicht mit der US-Landwirtschaft mithalten können. Der Strukturwandel wird sich beschleunigen.

Viele der negativen Auswirkungen von NAFTA werden auch durch TTIP entstehen. NAFTA sollte allen Verantwortlichen Warnung sein.

Alexander Hoffmann MDB

Der Vergleich zum NAFTA, den Sie bemühen, hinkt aus vielerlei Gründen. Erstens ist das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko vor 20 Jahren abgeschlossen worden. Zweitens hatte Mexiko – in der Hoffnung auf einen kräftigen Wachstumsschub für die heimische Wirtschaft – eine deutlich schlechtere und keineswegs gleichberechtigte Verhandlungsposition – anders als heute die EU-Kommission, die sowohl bei CETA als auch bei TTIP absolut auf gleicher Augenhöhe mit Kanada bzw. den USA verhandelt. Die Gründe, warum Mexiko vom NAFTA kaum profitiert hat, liegen doch auf der Hand: Es sind die vielen internen, strukturellen Probleme Mexikos, nämlich die hohe Korruption, der Krieg der Drogenkartelle, die schlechte Infrastruktur und eine weltweit größtenteils nicht konkurrenzfähige Wirtschaft. Ihr Beispiel, was die Landwirtschaft angeht, hinkt deswegen, da es in der Europäischen Union in den zurückliegenden Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, ebenfalls einen enormen Strukturwandel gegeben hat – ganz ohne TTIP und CETA, sondern vielmehr aus politischen Gründen (Zusammenwachsen Europas nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, schrittweise Vergrößerung der EU, Einführung einer europaweit einheitlichen Währung) wie auch aus wirtschaftlichen Gründen (Globalisierung, Erschließung neuer Märkte, wirtschaftlicher Aufstieg von Schwellen-Ländern wie China oder Indien).

Wer hohe Standards weltweit will, der muss sie aushandeln. Wer nicht verhandelt, wird sie nicht erreichen und sich eines Tages wohl oder übel an schlechtere Standards anpassen müssen. Momentan verhandeln die USA auch mit dem Asien-Pazifik-Raum über ein Freihandelsabkommen. Die Verhandlungen – das wurde beim G7-Gipfel bekannt – sind schon weit fortgeschritten. Parallel führen die Amerikaner Gespräche mit China. Die Rede ist hier von einem Wirtschaftsraum mit mehr als drei Milliarden Einwohnern.

TTIP bietet die Chance, unseren hohen westlichen Standards (z.B. in den Bereichen Umwelt-, Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz) weltweit Geltung zu verschaffen. Angesichts des Aufstiegs anderer Gestaltungsmächte wie China, Indien und Russland, entscheidet sich am Erfolg oder Scheitern von TTIP nicht zuletzt die Frage, ob die westlichen Demokratien im 21. Jahrhundert in der Lage sein werden, ihre Standards auch global durchzusetzen oder ob sie in Zukunft die Standards anderer übernehmen müssen. Wir sollten die Chance nutzen, um unseren Wohlstand langfristig zu sichern und unsere hohen Standards weltweit zum Maßstab zu machen.


9) CETA ( Freihandelsabkommen zwischen Canada und EU) ist fertig verhandelt und liegt unterschriftsreif vor. Darin enthalten ist auch das Installieren von privaten Schiedsgerichten. Die  Abgeordneten des Bundestages können nur noch den Gesamtvertrag zustimmen oder ablehnen, aber keine einzelnen strittigen Punkte mehr herausnehmen.

Frage: Ist das richtig ?

Dr. Hans Jürgen Fahn MdL (Freie Wähler)

Das Statement ist zwar richtig, aber inhaltlich grundfalsch und abzulehnen. Wir dürfen unser Rechtssystem nicht wirtschaftlichen Interesse preisgeben und ebenso wenig darf ein Abgeordneter einem Vertrag zustimmen, der seine eigene Stellung und Aufgabe in der Demokratie ad absurdum führt. Freihandelsabkommen in der geplanten Art haben die Umgehung der unabhängigen Gesetzgebung und der politischen Entscheidungen zum Ziel. Amerika zeigt auf, wie es auch bei uns zukünftig funktionieren soll: „The United States of America – the best Democracy money can buy.“

Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne)

CETA ist fertig verhandelt, aber noch nicht paraphiert und ratifiziert. Theoretisch könnte der Text also noch geändert werden. Wenn man Gabriels und Malmströms „Verbesserungsvorschläge“ zum ISDS ernst nehmen wollte, müssten diese Vorschläge auch ins CETA eingearbeitet werden. Das passiert aber offensichtlich nicht. Gabriel wollte ISDS erst gar nicht im CETA, dann abgespeckt, dann so akzeptieren, wie ISDS jetzt im CETA steht. Das spricht dafür, dass im CETA nichts mehr geändert werden kann. Der EuGH entscheidet derzeit, wer am Ende über CETA und TTIP abzustimmen hat. Ob der Bundestag abstimmen kann, wird sich zeigen. Jedenfalls wird am Ende nur noch über das Gesamtpaket abgestimmt.

Alexander Hoffmann MDB

Siehe Antwort Nr. 5


Stellungnahme zu unserem Schreiben von

Herrn Markus Ferber (MdEP)

Sehr geehrte Damen und Herren,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail, in der Sie sich auf die aktuellen Verhandlungen um das transatlantische Handelsabkommen TTIP beziehen. Gerne möchte ich zu Ihrer E-Mail Stellung beziehen.

Da die Verhandlungen im Rahmen der WTO seit Jahren stocken, schließen weltweit Staaten vermehrt bilaterale Handelspartnerschaften ab. So engagiert sich auch die Europäische Union weltweit und schließt bilaterale Handelsabkommen, sowohl mit Staaten als auch im Rahmen regionaler Zusammenschlüsse, ab. 2013 haben die EU-Mitgliedstaaten der EU-Kommission das Mandat erteilt, im Auftrag der Mitgliedsstaaten über ein Freihandelsabkommen mit den USA zu verhandeln. Während der Verhandlungen ist es Aufgabe der EU-Kommission, ein höchstmögliches Maß an Transparenz über den Verhandlungsprozess herzustellen und sowohl die Bürger als auch

die nationalen Parlamente in den Verhandlungsprozess einzubinden.

Das Europäische Parlament erarbeitet regelmäßig Stellungnahmen, in denen das Parlament der EU-Kommission die roten Linien für die weiteren Verhandlungsrunden aufzeigt. Dies wird das Europäische Parlament mit seiner Abstimmung am 8. Juli tun. In Ihrer E-Mail sprechen Sie die sogenannte regulatorische Kooperation an. Dabei geht es in erster Linie darum, die transatlantische Zusammenarbeit in Gesetzgebungsfragen zu vereinfachen. Beispielsweise geht es darum, die

gegenseitige Anerkennung von Standards und Zulassungsverfahren zu vereinfachen. Aber es soll auch garantiert werden, dass dort, wo durch TTIP Handelshemmnisse abgebaut worden sind, keine neuen Handelshemmnisse aufgebaut werden. Sie äußern in Ihrer Email die Sorge, dass mit TTIP die Rechte des Europäischen Parlaments eingeschränkt werden könnten. Ich habe den EU-Textvorschlag zur regulatorischen Kooperation analysiert und kann Ihnen versichern, dass

damit kein Einschränken der demokratischen Rechtsbefugnisse des europäischen Gesetzgebers einhergehen wird. Voraussetzung bei einer regulatorischen Zusammenarbeit ist es, Ziele wie den Schutz der Umwelt, des Konsumenten oder der öffentliche Gesundheit weiterhin sicherzustellen. TTIP wird also die EU nicht darin einschränken, Maßnahmen zu ergreifen, die im öffentlichen Interesse sind. Auch ein umfassender Investitionsschutz soll Teil von TTIP werden. Dabei ist es das grundlegende Ziel, ein höchstmögliches Maß an Rechtsschutz und Sicherheit für unsere europäischen Investoren in den USA sicherzustellen.

Da internationale Vereinbarungen, beispielsweise im Rahmen der WTO, keinen Teil des US-amerikanischen Rechts darstellen, erkennen nationale amerikanische Gerichte internationale Handelsabkommen oftmals nicht als Rechtsgrundlage an. Ein Investitionsschutzkapitel ist daher auch in einem Freihandelsabkommen mit den USA sinnvoll.

Investitionsschutz ist wichtig, auch für unsere bayerischen Unternehmen. Investitionsschutz wird von den Unternehmen genutzt und hat sich in der Vergangenheit bewährt. Das System ist jedoch veraltet und muss an die heutigen Anforderungen angepasst werden. Ich fordere einen „Investitionsschutz 2.0“, der auf Transparenten und demokratischen Regeln basiert. Handelskommissarin Malmström hat vor einiger Zeit ein zwölfseitiges Dokument veröffentlicht, aus welchem hervorgeht, wie ein transparentes und demokratisches Investitionsschutzkapitel in TTIP aussehen könnte: Das Recht von Staaten auf Regulierung soll in TTIP festgeschrieben werden, ein Pool an vertrauenswürdigen Richtern soll geschaffen und eine Berufungsinstanz mit permanenten Richtern soll eingerichtet werden. In meinen Augen sind wir auf einem guten Weg hin zu einem transparenten und sinnvollen Investitionsschutz in TTIP. Dieser könnte als Basis

für zukünftige Freihandelsabkommen dienen.

Ich bin seit 1994 Europaabgeordneter und bis heute hat mich kein einziges europäisches Freihandelsabkommen in der Ausübung meines Mandats behindert. Ich bin wirklich enttäuscht, dass Sie mehr Vertrauen in Nichtregierungsorganisationen haben, als in den europäischen Gesetzgeber. Als langjähriger Europaabgeordneter kann ich Ihnen sagen, dass das Wohlergehen und der Schutz der Bürger für mich in Brüssel an erster Stelle stehen. Dafür setze ich mich als Ihr Europaabgeordneter ein. Zum jetzigen Zeitpunkt geht es nicht darum, über TTIP als Ganzes abzustimmen. Die Verhandlungen sind mitten im Gange, die Verhandlungen werden noch Monate, wenn nicht Jahre, andauern. Jetzt geht es darum, den USA klar aufzeigen, was Europa will und was wir hier in Europa nicht wollen. Ich setze mich für ein Freihandelsabkommen ein, das hohe europäische Standards setzt, egal ob beim Umwelt-, Verbraucher- oder Datenschutz.

Ich darf Ihnen versichern, dass ich die Verhandlungen weiterhin aktiv und kritisch verfolgen werde und TTIP am Ende nur zustimmen werde, wenn TTIP letztendlich den Bürgern zugutekommt.


Stellungnahme zu unserem Schreiben von

Frau Kerstin Westphal (SPD) für Sie im Europäischen Parlament

ISDS-Ablehnung in der TTIP-Resolution fest verankert

Mit 436 Ja-Stimmen hat das Europäische Parlament eine Resolution verabschiedet, in der die Forderungen an die laufenden TTIP-Verhandlungen klar definiert werden. Die sozialdemokratische Fraktion hat sich in den vergangenen Wochen bei wichtigen Punkten durchgesetzt.

„Diese Resolution ist ein deutliches Signal für die kommenden Verhandlungen. Die EU-Kommission ist gut beraten unserer Empfehlung zu folgen. Denn ein klares Ja des Parlaments wird unter anderem auch davon abhängen, ob die EU-Kommission unsere Forderungen in den Verhandlungen umsetzt“, betont die fränkische SPD-Europaabgeordnete Kerstin Westphal.

„Die in der EU bestehenden Standards im Bereich Verbraucherschutz, bei Arbeitnehmerrechten und Umwelt dürfen durch das Abkommen nicht abgesenkt werden. Entscheidungen über Fragen der Daseinsvorsorge müssen weiterhin in den Händen derjenigen liegen, die damit betraut sind – sprich unsere Kommunen. Das geistige Eigentum darf nicht angetastet werden“, bekräftigt Kerstin Westphal weiter.

Der wohl umstrittenste Teil der Resolution, die privaten Schiedsstellen (ISDS), wurde durch die Abstimmung im Bereich der Handelsverträge revolutioniert. „Ab dem heutigen Tag ist der Weg für ISDS beendet, in dieser Form wird es nicht existieren. Private Anwälte, geheim tagende Gerichte, vor der Öffentlichkeit verborgene Entscheidungen: Das ist nun alles vom Tisch. Gemeinsam haben wir es geschafft, dass sich das Europäische Parlament für ein demokratisches System ausgesprochen hat. Vollständige Transparenz der Verfahren und von Staaten ernannte Richter sind jetzt die Maßgaben. Aus Schiedsstellen werden unabhängige Gerichte“, so Kerstin Westphal.

Die Resolution habe eine Wirkung, die wegweisend für alle zukünftigen Verhandlungen sei, so Kerstin Westphal weiter: „Die Prinzipien zum Investitionsschutz, die wir in dieser Resolution verankert haben, nehmen wir zum Maßstab für alle weiteren Handelsverträge. Sollte uns das Abkommen mit Kanada (CETA) ohne erkennbare Verbesserungen vorgelegt werden, droht eine klare Ablehnung“, mahnt Kerstin Westphal.


Stellungnahme zu unserem Schreiben von

Herrn Bernd Rützel (MdB)

Danke für Ihr Schreiben, das Sie mir per E-Mail haben zukommen lassen.

Kritik an den Freihandelsverträgen begegnet mir in meinen vielen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern. Dieser Debatte weiche ich nicht aus. Manche dann geäußerten Bedenken teile ich, andere nicht. Vor allem die Kritik am zunächst undurchsichtigen Verhandlungsverfahren kann ich gut verstehen. Manches ist inzwischen auch durch den Protest in der Bevölkerung und der Politik in Bewegung geraten, was ich besonders begrüße.

Im April hatte ich zu diesem Thema auch meine Kollegin Claudia Tausend nach Langenprozelten eingeladen. Die Veranstaltung war sehr gut besucht und ausgesprochen informativ. Die Bürgerinnen und Bürger nutzten auch hier die Gelegenheit, ihre Fragen und Kritik loszuwerden — Claudia Tausend war eine ausgesprochene kompetente Gesprächspartnerin.

Ich beantworte außerdem sehr viele Schreiben zu diesem Thema und stelle mich der Diskussion. Dennoch habe ich mich entschieden, die von Ihnen gestellten Fragen nicht im Einzelnen zu beantworten. Inhaltlich sind sie teilweise suggestiv und eine reine Ja/Nein-Beantwortung ist angesichts der Komplexität des Themas nicht möglich.

Dennoch nutze ich gerne die Gelegenheit, meine Haltung und den aktuellen Stand der Verhandlungen darzulegen.

Am 28.05.2015 hat der Handelsausschuss des Europäischen Parlaments eine TTIP-Resolution beschlossen. Für die S&D-Fraktion leitet Bernd Lange, MdEP, die Verhandlungen. Er bewertet die Resolution als Erfolg und hebt insbesondere die Forderungen nach einem neuen System zum Schutz von Investitionen in der Resolution hervor. Sie stellen umfangreiche Anforderungen an dieses neue System und machen klar, dass es im Europäischen Parlament inzwischen eine breite Mehrheit für die Abschaffung der privaten Schiedsstellen (ISDS) gibt.

Auch in anderen Bereichen konnten wichtige Fortschritte erzielt werden. Seine für den 10.06.2015 geplante Abstimmung über diese Resolution hat das Europäische Parlament heute verschoben, weil 116 Änderungsanträge eingegangen waren. Ich werde das weitere Verfahren aufmerksam beobachten und die Ergebnisse kritisch betrachten.

Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, dass das Verhandlungsergebnis durch den Bundestag und den Bundesrat ratifiziert werden muss, damit TTIP die Bindungswirkung eines völkerrechtlichen Vertrags der Europäischen Union erhält. Soweit ersichtlich vertritt auch die Bundesregierung sowie alle anderen Regierungen der Europäischen Mitgliedsstaaten diese Ansicht. Damit hat jeder Bundestagsabgeordnete das Recht, über TTIP am Ende abzustimmen und ihm Legitimität zu verleihen. Ob und wann ein abstimmungsfähiges Verhandlungsergebnis vorliegen wird, ist derzeit noch überhaupt nicht absehbar. Ich werde meine Entscheidung selbstverständlich sorgfältig abwägen und die Bedenken und Anliegen der Menschen, die ich im Deutschen Bundestag vertrete angemessen berücksichtigen.


Stellungnahme zu unserem Schreiben von

Herrn Berthold Rüth (MdL)

CSU: Wachstum durch Freihandel — aber mit klaren Leitplanken für TTIP!

Sehr geehrter Herr Spall,

für Ihr Schreiben vom 3. Juni 2015 danke ich Ihnen.

Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass auch bei zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern im Landkreis Miltenberg die Sorge besteht, dass bei einer engeren Zusammenarbeit der EU mit den USA im Rahmen der TTIP sowie durch die Schaffung eines gemeinsamen „Regulie­rungsgremiums“ die EU und ihre Mitgliedstaaten Gesetze und Regulierungen dann nicht mehr gegen den Willen der USA beschließen oder ändern könnten.

Mit diesem Schreiben möchte ich Sie und die Mitglieder der Bürgerinitiative „Stop TTIP“ aus­führlich und differenziert über die Position der CSU informieren, damit Sie auch die Hinter­gründe unserer Haltung nachvollziehen können. Sie werden darin auch Antworten auf die von Ihnen gestellten „Fragen“ finden — die ja leider in Wahrheit keine sachlichen Fragen, sondern vor allem politische Statements inklusive zahlreicher Behauptungen und maßloser Übertreibungen sind.

Mit Aussagen wie „TTIP (…) ist schon jetzt ein Angriff auf die Demokratie in Europa“ oder

„TTIP (…) führt dazu, dass Sozial- und Umweltstandards, sowie Verbraucherschutz (…) nun den Großkonzernen zum Opfer fällt“ verlassen Sie leider den Boden für eine sachliche und vor allem differenzierte Diskussion, die gerade bei diesem komplexen und schwierigen The­ma unverzichtbar ist.

Glauben Sie im Ernst, dass wir von der CSU oder auch unser Berliner Koalitionspartner SPD das zulassen würden? Schließlich waren wir es, die seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland jeweils an der Regierung waren bzw. sind und genau diese Errungenschaften politisch durchgesetzt haben. Und — um das gleich vorweg zu betonen — wir werden sie auch in Zukunft bewahren, aber gleichzeitig versuchen, unser Land weiter zu entwickeln!

Die CSU-Landtagsfraktion hat sich im Januar 2015 auf ihrer Winterklausur in Wildbad Kreuth, an der auch ich teilgenommen habe, erneut intensiv mit dem Freihandelsabkommen TTIP auseinandergesetzt. Wir sind davon überzeugt, dass ein erfolgreicher Abschluss des TTIP viele Vorteile für die bayerischen Verbraucher und die bayerische Wirtschaft brächte und auch ein starker Impulsgeber für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand wäre.

Gerade das Exportland Bayern mit seinen kleinen und mittelständischen Unternehmen — und damit natürlich auch die Unternehmen im Landkreis Miltenberg – würde durch die Beseiti­gung von Zöllen und anderen Handelshemmnissen in einem dann entstehenden Wirtschafts­raum von über 800 Mio. Menschen besonders profitieren. Bayern kann nach Berechnungen des ifo-lnstituts für Wirtschaftsforschung mit einem Wertschöpfungszuwachs von 1,6 Milliar­den Euro und rund 19.500 neuen Arbeitsplätzen rechnen.

Wir von der CSU wissen aber gleichzeitig, dass der Abschluss des TTIP auch mit gewissen Risiken für die hohen europäischen Schutzstandards behaftet ist. Nur wenn diese Risiken in den Verhandlungen frühestmöglich ausgeschlossen werden, kann die entstehende größte Freihandelszone der Welt ihre positiven Wirkungen für Bayern, Deutschland und Europa entfalten.

Die CSU-Landtagsfraktion hat deshalb bereits am 6. Mai 2014 in einem Dringlichkeitsan­trag mit dem Titel „Bayerische Interessen bei der TTIP durchsetzen“, Drs. 17/1780 eine Reihe von Maßnahmen gefordert, um bayerische Interessen bei den Verhand­lungen über TTIP zu wahren:

  • So darf es nach unserem Willen durch TTIP keinesfalls zu einer Absenkung des hohen Verbraucherschutzniveaus in der EU kommen.
  • Auch die Kommunale Daseinsvorsorge einschließlich der Trinkwasserversorgung und der bewährten Organisationsstrukturen der Kommunen,
  • der Schutz für sensible Agrarprodukte und die Einhaltung der europäischen und natio­nalen Datenschutzbestimmungen müssen auf jeden Fall erhalten werden.
  • Außerdem haben wir mehr Transparenz und eine stärkere Beteiligung der nationalen Parlamente bei den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen gefordert. Hier hat sich die EU auch schon bewegt, aber wir von der CSU erwarten von ihr hier noch mehr Offenheit.

Unsere Positionen und Forderungen haben wir in folgender Entschließung noch einmal be­kräftigt:

„Wachstum durch Freihandel – mit klaren Leitplanken für TTIP“

Entschließung der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag im Rahmen ihrer Klausurta­gung in Wildbad Kreuth vom 20. bis 22. Januar 2015

„Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaften wie CETA, TTIP, TiSA und weite­re dienen der Regelung der Globalisierung. Sie sind eine Chance für die wirtschaftliche Zu­kunft unseres Landes und zum Schutz von Standards. Wir sehen in der TTIP neue wirt­schaftliche Chancen, die es mit Blick auf die Zukunft zu nutzen gilt. Mit einem Exportanteil von rund 50 Prozent in der Industrie hat Bayern die Vorteile der Globalisierung zum Nutzen von Unternehmen, Arbeit-nehmern und Verbrauchern sowie zum Wohle der Entwicklung unseres Landes ausschöpfen können. Der Handel ist eine wichtige Quelle für den Wohlstand breiter Schichten, für die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft und die Erschließung neuer Märkte.

Die Haltung von Globalisierungsgegnern mit ihrer Reduzierung auf heimische und lokale Märkte ist für den individuellen Verbraucher zunächst ein umsetzbarer Ansatz. Sie würde jedoch im internationalen Wettbewerb zu einem Absinken der wirtschaftlichen Kraft, der So­zialen Sicherheit und des Wohlstands führen und die Zukunftskraft in unverantwortlicher Weise gefährden. Dies ginge auch zu Lasten unserer Bürger und aller, die auf die Kraft Bay­erns vertrauen.

Vor diesem Hintergrund bieten Freihandelsabkommen dauerhafte und breit angelegte Chan­cen für die Gegenwart und die Zukunft Bayerns. Dabei steht die Einhaltung unserer hohen Standards in den Bereichen Daseinsvorsorge und Trinkwasser, Umwelt, Soziales, Gesund­heit und Verbraucherschutz, Nahrungsmittelsicherheit und des Tierschutzes, Schutz der Pri­vatsphäre, Bildung sowie Rechte der Arbeitnehmer und Verbraucher nicht zur Disposition -reine Kennzeichnungspflichten reichen insoweit nicht. Die Abkommen bieten vielmehr die Chance, diese Standards weltweit zum Maßstab und Beispiel fairen Handels und qualitativ hochwertiger, verbraucherorientierter Produktion zu machen.

Die CSU-Landtagsfraktion befürwortet deshalb die weiteren Verhandlungen mit dem Ziel eines „guten Vertrags“, welcher der Wirtschaft in Bayern — und damit der Bevölkerung —neue Chancen und Vorteile eröffnet und unser hohes Qualitätsniveau sichert. Die derzeitigen Aktivitäten von Gegnern mit dem Ziel, die Verhandlungen zu stoppen, sind kurzsichtig, rück­wärtsgewandt und gefährden unsere wirtschaftliche Zukunft. Die CSU-Landtagsfraktion un­terstützt vielmehr zielgerichtete, vertrauensvolle Verhandlungen, um die Vorteile für Bayern zu sichern.

1) Stand der Verhandlungen

Seit Juli 2013 tagen die EU und die USA in Abständen von rund zwei Monaten. Anfang Feb­ruar 2015 findet die achte Verhandlungsrunde in Brüssel statt. Verhandelt wird in 25 Arbeits­gruppen, die Regierungen der Mitgliedstaaten sind nicht unmittelbar beteiligt. EU-Positionen werden aber zuvor im Handelspolitischen Ausschuss, in dem alle Mitgliedstaaten vertreten sind, diskutiert und festgelegt. Die Bundesregierung ist hier mit ihren Ressortvertretern betei­ligt und stimmt ihre Verhandlungslinie mit Bayern ab.

2) Chancen von TTIP für Bayern

  • Bayern profitiert vom freien Welthandel, der dadurch wachsenden Wirtschaft und der steigenden Beschäftigung. Wir treten für offene Märkte und für eine Handelsliberalisie­rung auf der Grundlage klarer, vorhersehbarer und multilateraler — und wo das im Rahmen der WTO nicht möglich ist — bilateral abgestimmter Regeln ein.
  • Große und offene Märkte nutzen unserer heimischen Wirtschaft, indem sie Absatzmög­lichkeiten für neue und innovative Produkte schaffen.
  • Die USA sind ein wichtiger Exportmarkt und bedeutender Zielort bayerischer Investitio­nen. Basis und Ursache der hohen Exporttätigkeit in die USA ist die hohe Nachfrage nach unserer Qualität und Zuverlässigkeit bayerischer Produkte und Dienstleistungen.
  • TTIP kann ein Regelungswerk bieten, das die auf hoher Leistungskraft, Qualität und Verbraucherschutz basierenden Arbeitsplätze in Deutschland sowie das notwendige Wachstum schützt und ausbaut. Es setzt einen positiven Im-puls für viele andere euro­päische Staaten und verbessert damit spürbar die volkswirtschaftliche Gesamtsituation der EU.
  • TTIP eröffnet die Chance, dass die zwei größten Handelsräume der Welt die Grundla­ge für weltweite Standards und Maßstäbe setzen. Wenn wir diese Chance nicht nut-
  • zen, werden andere Akteure, etwa im asiatisch-pazifischen Raum, die künftige Ent­wicklung des internationalen Handels nach ihren Vorstellungen bestimmen.
  • TTIP bietet große Chancen für Bayerns Schlüsselindustrien wie die Automobilbranche, den Maschinenbau oder die Chemie. Nicht nur Großunternehmen, auch der Mittelstand profitiert von einem Abkommen, das die Grundlage der hohen Exportquoten schützt und ausbaut. Gerade der Mittelstand braucht klare rechtliche Grundlagen, auf denen er sich bewegen kann und welche die er-reichten Standards und damit Verkaufsargumen­te schützen.
  • Allein der Zollabbau ermöglicht aufgrund des großen Handelsvolumens erhebliche Ein­sparungen für Importeure und Exporteure: Täglich gehen Waren im Wert von etwa 2 Milliarden Euro über den Atlantik.
  • Divergierende technische Vorschriften, Standards und Normen hemmen den transat­lantischen Handel. Viele technische Standards in den USA und der EU verfolgen mit verschiedenen Ansätzen das gleiche Ziel. Eine Anerkennung gleichwertiger Standards oder die Abschaffung doppelter Zulassungsverfahren schaffen Kostenvorteile um bis zu 20 Prozent und Synergieeffekte, von denen die kleinen und mittelständischen Un­ternehmen am meisten profitieren können.

3) Bayerische Interessen bei Standards und Daseinsvorsorge wahren

Wir wollen ein Handelsabkommen mit den USA. Unsere schützenswerten Interessen in der EU, in Deutschland und in Bayern stehen dabei nicht zur Disposition.

a) Europäische Schutzstandards erhalten und weltweit etablieren

  • TTIP und weitere Freihandelsabkommen der EU sollen Maßstäbe für das 21. Jahrhun­dert setzen, indem bestehende erfolgreiche Regeln und Standards der am weitesten entwickelten Staaten global definiert, festgeschrieben und weiterentwickelt werden. Diese in Verbraucher- und Wirtschaftsangelegenheiten erfolgreichen Schutz- und Si­cherheitsstandards (und unser Vorsorgeprinzip) in Bereichen wie Umwelt, Gesundheit, Verbraucher- und Datenschutz sowie anderen Bereichen können und dürfen nicht ab­gesenkt werden.
  • Beide Verhandlungspartner haben mehrfach bestätigt, dass das bestehende Schutzni­veau nicht zur Disposition steht. So wird die EU z.B. nicht ihre Anforderungen an die Zulassung/Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Organismen durch TTIP än­dern oder den Import von hormonbehandeltem Fleisch zulassen. Auch amerikanische Chlorhühnchen wird es in Europa nicht geben. Der europäische Schutz für unsere ho­hen Standards entsprechenden Agrarprodukte muss aufrechterhalten werden.
  • Europa erzeugt hochwertige Nahrungsmittel, denen der U.S.-amerikanische Markt bis jetzt verschlossen ist. Davon sind unter anderem verschiedene Käsesorten und weitere landwirtschaftliche Erzeugnisse von hoher Qualität betroffen. Auf eine Reihe von Nah­rungsmitteln erheben die USA hohe Zölle, etwa auf Fleisch 30 Prozent, auf Getränke bis zu 23 Prozent und auf Molkereierzeugnisse bis zu 139 Prozent. Werden diese Handelsschranken beseitigt, kann das die Ausfuhren der EU in die USA steigern. Das ist gerade für die qualitätsorientierte bayerische Land- und Ernährungswirtschaft eine große Chance, um durch ihre hohe Qualität neue Märkte zu erschließen.
  • TTIP darf nicht zu einer Einschränkung des Schutzes von Agrarerzeugnissen und Nah­rungsmitteln mit geschützten Herkunftsbezeichnungen führen. Die innerhalb der EU geltenden Regelungen werden durch TTIP nicht angetastet. Dies hat die EU-Kommission ausdrücklich bestätigt. Bayerisches Bier muss auch künftig aus Bayern kommen, die Nürnberger Bratwurst aus Nürnberg und die Oberpfälzer Karpfen aus der Oberpfalz. Es geht vielmehr darum, den Schutz auch auf den amerikanischen Markt auszudehnen. Der Umsatz der bayerischen Agrar- und Ernährungswirtschaft mit her­kunftsgeschützten Produkten macht mehr als 10 Prozent der Gesamtumsätze aus. Ein effektiver Schutz dieser Produkte auch auf außereuropäischen Märkten bedeutet daher zusätzliche Exportchancen.

b) Kommunale Daseinsvorsorge sichern

  • TTIP führt nicht zu einer Liberalisierung und Privatisierung der kommunalen Daseins­vorsorge und insbesondere der Wasserversorgung. Darüber wird auch nicht verhan­delt.
  • Die EU ist verpflichtet, die Daseinsvorsorge besonders zu schützen, was im Verhand­lungsmandat der EU für TTIP auch so festgehalten ist. Sie muss auch garantieren, dass dieser Schutz nicht durch Regelungen in anderen Bereichen des Abkommens un­terlaufen wird.
  • Das EU-Angebot an die USA zur Öffnung der Dienstleistungsmärkte enthält einen Vor­behalt zugunsten der öffentlichen Daseinsvorsorge („Public Utili-ties-Klausel“) und zu­dem einen expliziten Vorbehalt zugunsten der Trink-wasserversorgung. Dies stellt si­cher, dass die Daseinsvorsorge komplett von den Marktöffnungsverpflichtungen auf al­len Verwaltungsebenen ein-schließlich der Gemeinden ausgenommen ist. Auch die Fragen der Mono-pole und Konzessionen sind damit berücksichtigt. Im weiteren Ver­handlungsverlauf ist (wie beim europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen CETA erfolgreich umgesetzt) sicherzustellen, dass eine erneute Kommunalisierung einmal privatisierter Bereiche der Daseinsvorsorge nicht ausgeschlossen wird.

c) Kulturelle Vielfalt erhalten

  • Das EU-Mandat schließt audiovisuelle Dienstleistungen aus den Verhandlungen aus, enthält aber keine generelle Ausnahme für die Kultur. Diesen Begriff gibt es im Han­delsbereich nicht. Stattdessen verpflichtet das Mandat zur „Förderung der kulturellen Vielfalt“.
  • Die EU und die Mitgliedstaaten unterliegen Verpflichtungen im Rahmen des Allgemei­nen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS), z.B. bei der Gewäh­rung der Niederlassungsfreiheit für Theaterunternehmen von außerhalb der EU zu gleichen Bedingungen wie für EU-Unternehmen. Hinter GATS kann TTIP nicht zurück­fallen. Aber in allen anderen Bereichen umfasst das Verhandlungsangebot der EU wie bei CETA alle Liberalisierungsbeschränkungen, die für die EU und die Mitgliedstaaten wichtig sind.
  • Subventionen sind wie in allen EU-Handelsabkommen von den Verhandlungen ausge­schlossen. Damit kann TTIP das Recht der Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen, den Kultursektor (und andere Sektoren) zu unterstützen. Die EU Kommission muss darauf achten, dass dies nicht durch Regelungen in fachfremden Bereichen unterlaufen wird.

d) Bildungsdienstleistungen absichern

  • Für den Bereich der öffentlich und gemischt finanzierten Bildung enthält das EU-Verhandlungsangebot weitreichende Liberalisierungsbeschränkungen. Tatsächlich ist darauf zu achten, dass der öffentliche Bildungssektor ausschließlich in der Regelungs­hoheit der nationalen und regionalen Parlamente verbleibt.
  • Im Bereich der rein privat finanzierten Bildung unterliegen die EU und die Mitgliedstaa­ten Verpflichtungen im Rahmen des GATS, z.B. für privat finanzierte Sprachschulen, Abendschulen, Koch-Kurse o.ä., die auch bei
  • TTIP berücksichtigt werden müssen. Unabhängig von TTIP gelten für ausländische Dienstleister und Investoren im privaten Bildungssektor — ebenso wie für inländische Anbieter — auch weiterhin die in den Mitgliedstaaten aufgestellten nicht diskriminieren­den Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Qualifikation sowie die Notwendigkeit von Konzessionen, Lizenzen etc.

e) Meisterbrief und Meistervorbehalt als Gütesiegel garantieren

  • Meisterbrief und Meistervorbehalt müssen als Gütesiegel erhalten bleiben und dürfen durch TTIP nicht eingeschränkt werden.
  • und den Austausch zu fördern. Hier sind aber weitere Nachbesserungen erforderlich, um verlorenes Vertrauen wieder zu erlangen.
  • Vor der Paraphierung des Vertragstextes muss die im Verhandlungsmandat vorgese­hene unabhängige Nachhaltigkeitsprüfung der Folgen des Abkommens unter Einbin­dung der Zivilgesellschaft auf EU-Ebene zwingend durchgeführt werden.
  • Erforderlich ist aber auch mehr Transparenz seitens der USA. Es kann nicht sein, dass die EU-Kommission U.S.-Verhandlungstexte nicht an die Mitgliedstaaten und an das EU-Parlament geben darf (Einsicht nur in einem Leseraum in Brüssel).

f) Einbindung der nationalen Parlamente in den Ratifizierungsprozess

TTIP ist ein gemischtes Abkommen, da auch Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten berührt werden. Neben dem EU-Ministerrat und dem EU-Parlament muss eine Ratifizierung daher auch durch alle Mitgliedstaaten erfolgen. Damit haben wir auf Bundesebene maßgeblichen Einfluss. Ohne unsere Zustimmung kann ein Freihandelsabkommen mit den USA nicht zu­stande kommen. Wir werden die Handelspolitik der Zukunft aktiv mitgestalten und die baye­rischen Interessen dabei durchsetzen. Unser Ziel ist ein guter Vertag mit deutlichen Vorteilen für die bayerische Wirtschaft und Chancen, die dadurch eröffnet werden. Als die Anwälte der bayerischen Bevölkerung und Wirtschaft sind wir verpflichtet, in deren Sinne das Beste an­zustreben und einer Ratifizierung nur innerhalb der gesetzten Schranken zuzustimmen.“

Sie sehen also, dass sich die CSU und die Bayerische Staatsregie­rung sachlich und detailliert mit TTIP befassen und dem Abkommen nur dann zustimmen werden, wenn die genannten Forderungen erfüllt sind.

Diese sachliche und detaillierte Auseinandersetzung wünschen wir uns von allen, die sich an der Diskussion beteiligen.


Das gesammte Schreiben inkl. aller Antworten hier als PDF Datei zum download