Antwort vom Wirtschaftsministerium

Im April hat das „Aschaffenburger Bündnis -Demokratie erhalten “ einen Brief an Wirtschaftsminister Gabriel verfasst und gemeinsam mit den 163 Unterschriften, die zum Teil am 10.4. bei unserer Aktion gegen Lobbyismus im Kino „Passage “ in Erlenbach gesammelt wurden, abgeschickt. Nach fast vier Wochen kam nun auch eine Antwort vom Wirtschaftsministerium.

Darin verweist das Ministerium darauf, dass es vollkommen demokratisch und absolut kein Novum sei, einen Völkerrechtsvertrag zur vorläufigen Anwendung zu bringen. Schließlich würden die, die Mitgliedsstaaten betreffenden Teile des Vertrages, erst nach der Ratifizierung durch die Mitgliedsstaaten in Kraft treten.
Dass es den Verfassern des Briefes darum ging, Herrn Gabriel an sein gegebenes Wort zu erinnern, dass die Verträge durch die Parlamente der Mitgliedsstaaten und nicht durch das Europäische Parlament genehmigt werden müssten, was auch eine vorläufige Anwendung betreffen sollte, hatte keine Relevanz.
Die vorläufige Anerkennung wurde als „die übliche Praxis“ bezeichnet.
Dass diese Verträge aber weitreichender und umfassender sind, als jedes Freihandelsabkommen zuvor, deshalb werden sie die Abkommen der NEUEN GENERATION genannt, fand keine Erwähnung. Aber genau aus diesem Grund sollten sie nicht nach der „üblichen, langjährigen Praxis“ gehandhabt, sondern mit „außergewöhnlicher“ Gründlichkeit überprüft werden. Und erst und nur dann unterzeichnet werden, wenn jeder einzelne Abgeordnete in aller Konsequenz weiß was er da unterzeichnet und mit seinem eigenen Namen dafür einstehen kann.
Denn schließlich geht es hier um unsere Bürgerrechte, um unsere Demokratie!

Angelika Nortmann

Aschaffenburger Bündnisses Demokratie erhalten – Stop TTIP: https://stopttipab.wordpress.com

Antwort vom BMWi:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre E-Mail an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Sie und weitere Bürgerinnen und Bürger, haben die Sorge geäußert, dass die demokratische Legitimation des geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada (CETA) gefährdet wird, wenn es vorläufig bereits Anwendung findet.
Hierzu möchten wir Ihnen gerne antworten.

Über die vorläufige Anwendung von Teilen von CETA entscheiden die demokratisch gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments und der EU-Handelsministerrat (und somit die Mitgliedstaaten). Das heißt: Ohne eine Zustimmung von Parlament und Rat kann CETA nicht vorläufig angewendet werden. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass das Europäische Parlament seine Verantwortung sehr ernst nimmt. Es hat bereits Abkommen abgelehnt, die seinen Ansprüchen nicht genügten.

Falls die EU-Kommission dem Rat (und somit den Mitgliedstaaten) vorschlagen wird, CETA vorläufig anzuwenden, wäre dies kein Novum. Die vorläufige Anwendung völkerrechtlicher Verträge der EU ist im EU-Verfassungsrecht vorgesehen und entspricht der üblichen, langjährigen Praxis der EU-Freihandelsabkommen. Sie bezieht sich immer nur auf diejenigen Teile des Abkommens, die eindeutig in der ausschließlichen EU-Zuständigkeit liegen und die Kompetenzen der Mitgliedstaaten nicht berühren. Eine Vorfestlegung für ein Inkrafttreten des gesamten Abkommens wird nicht getroffen.

Die Teile des Freihandelsabkommens, für die die Mitgliedstaaten zuständig sind, können erst nach dem erfolgreichen Abschluss der nationalen Ratifizierungsverfahren in Kraft treten. Das heißt: Das gesamte Abkommen kann erst dann vollständig in Kraft treten, wenn alle nationalen Parlamente der 28 EU-Mitgliedstaaten – auch Bundestag und Bundesrat in Deutschland – ihm zugestimmt haben. Stimmen Bundestag und Bundesrat dem Abkommen nicht zu, kommt es endgültig nicht zu Stande. Damit sind auch die Teile, die in die Kompetenz der EU fallen, nicht mehr anwendbar.

Die Investitionsschutzbestimmungen sind von der vorläufigen Anwendung ausgenommen, weil eben hier auch mitgliedstaatliche Kompetenzen betroffen sind. Damit wird der Teil, der politisch besonders kontrovers ist, ohne Zustimmung des Bundestages und Bundesrates zu CETA nicht zur Anwendung kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Team Bürgerdialog BMWi

Email Anschreiben:

Sehr geehrter Herr Minister Gabriel,

2014 haben Sie den Fraktionen im Bundestag in Bezug auf CETA versprochen, dass „ein Abschluss allein durch die EU“ nicht in Frage käme.

Jetzt heißt es aus Ihrem Ministerium, es sei „vollkommen demokratisch“, wenn das CETA-Abkommen bereits „vorläufig angewendet“ wird, ohne dass nationale Parlamente wie der Deutsche Bundestag Gelegenheit hatten, darüber abzustimmen.

Es ist offensichtlich, dass hier über die Köpfe der gewählten Abgeordneten hinweg Fakten geschaffen werden sollen. Die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten müssen über CETA abstimmen können, bevor das Abkommen zur Anwendung kommt. Alles andere würde die Demokratie aushebeln. Es wäre außerdem ein eklatanter Wortbruch Ihrerseits – gegenüber den Fraktionen im Bundestag und den BürgerInnen in Deutschland.

Ich fordere Sie daher auf: Halten Sie Ihr Wort! Setzen Sie sich in Brüssel mit aller Kraft dafür ein, dass CETA nicht ohne Zustimmung der nationalen Parlamente angewendet wird. Andernfalls wird die Glaubwürdigkeit Ihrer Person und Ihrer Partei schweren Schaden nehmen.